BB & LL: eine Doppelbiografie

Brecht-Forscher Jürgen Hillesheim führt erstmals die Lebensgeschichten von Bertolt Brecht und Lotte Lenya zusammen: das Leben zweier Aufsteiger.

Der Welterfolg der Dreigroschenoper 1928 verband zwei eigenwillige Künstlerpersönlichkeiten miteinander: Bertolt Brecht als Schriftsteller und Dramatiker und Lotte Lenya als Interpretin seiner Songs. Ihre Karrieren weisen erstaunliche Gemeinsamkeiten auf – und grundlegende Unterschiede. Jürgen Hillesheim, Leiter der Brecht-Forschungsstelle Augsburg, führt erstmals die Lebensgeschichten von Lotte Lenya und Bertolt Brecht zusammen.

Lotte Lenya und Bertolt Brecht. Das Leben zweier Aufsteiger (wbg Theiss) erzählt, wie sehr die zupackende Sängerin und Schauspielerin und der Begründer des Epischen Theaters entschlossen waren, mit ihrer Kunst erfolgreich zu sein – koste es, was es wolle und auch jenseits von bürgerlicher Moral. Hillesheim zeichnet hier z.T. anhand bisher unveröffentlichter Dokumente nicht nur die Lebenslinien zweier Künstler nach, sondern gibt einen neuen Blick auf die Kultur der Weimarer Republik frei. Dabei erzählt er auch die Geschichte der Seeräuber-Jenny und anderer Balladen aus der Dreigroschenoper.

Eine Hass-Liebe in den Goldenen Zwanzigern

Brecht und Lenya – das ist die turbulente Geschichte einer von Streit geprägten und mit Erfolg gekrönten Hassliebe. Trotz gegenseitiger künstlerischer Wertschätzung hegte Lenya Brecht gegenüber zeitlebens beinahe eine Feindschaft, schreibt Hillesheim. Im Dreieck Brecht-Lenya-Weill konkretisierte sich dies bei der Dreigroschenoper: Komponist Kurt Weill heiratete Lenya; doch Librettist Brecht behielt, für eine Oper ungewöhnlich, die Zügel in der Hand. Dennoch ist die Fülle der Gemeinsamkeiten von Brecht und Lenya überraschend, und Hillesheim zeichnet sie gekonnt nach.

Hillesheim schildert Bert Brechts und Lotte Lenyas Biografien vom Aufwachsen in Augsburg und Wien bis ins Berlin der 1920er Jahre, wo sie den triumphalen Erfolg der Dreigroschenoper feierten. Weitere Stationen waren die Flucht aus Deutschland, das Exil und die Zeit danach, als ihre Wege sich trennten und immer wieder kreuzten. Zu ihren Wegbegleitern zählen Lotte Lenyas Ehemann, der Komponist Kurt Weill, und die mit Bertolt Brecht verheiratete Bühnenschauspielerin Helene Weigel.

»Die Symbiose aus Brechts Lyrik, Weills Kompositionen und Lenyas Interpretationskunst wurde nie wieder erreicht«, schreibt Hillesheim; sie repräsentiere die Kultur der Goldenen Zwanziger wie nichts anderes. Das wilde Leben zweier Aufsteiger – so der Untertitel des Buches –: Es ist tatsächlich spannend zu lesen, Hillesheim ist ein wortgewandter Erzähler und empathischer Chronist. Dabei ist Lotte Lenya und Bertolt Brecht ist die profunde Analyse Brechtforschers, der weite Wissensbögen zusammenzuführen und zu strukturieren vermag. Lotte Lenya und Bertolt Brecht ist ein packender Ausflug in Literatur, Literatur, Musik und dem Kulturleben einer aufregenden Epoche, nicht nur für Brechtfreunde.
pm | auxlit | msc

• Prof. Dr. Prof. h.c. Jürgen Hillesheim ist Leiter der Brecht-Forschungsstätte Augsburg, Professor der Universität Augsburg und Professor h.c. der Staatlichen Iwan-Franko-Universität Zhytomyr (Ukraine). Er ist Autor bzw. Herausgeber von über dreißig Büchern und weit über hundert Beiträgen zu Themen der Neueren Deutschen Literaturgeschichte, Herausgeber bzw. Mitherausgeber von acht Buchreihen und internationalen Zeitschriften und freier Autor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.


Jürgen Hillesheim: Lotte Lenya und Bertolt Brecht. Das Leben zweier Aufsteiger.
304 Seiten mit 40 s/w Abbildungen.
Gebunden, mit Schutzumschlag.
wbg Theiss, Darmstadt 10. Oktober 2022
Format: 14,5 x 21,7 cm
ISBN 978-3-8062-4535-6


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