Zwei Neuerscheinungen diskutieren Literatur und Gender: Ursula Geitners »Sie schreibt« und Thomas Meineckes »Ozeanisch schreiben«.
Mit Ursula Geitners Sie schreibt. Moderne Autorenschaft (m/w) (V&R unipress, 2022) und Ozeanisch schreiben. Drei Ensembles zu einer Poetik des Nicht-Binären (Verbrecher Verlag) sind zwei Bücher erschienen, die sich dem Diskurs Gender und Literatur widmen. Thomas Meinecke, dem 2019 die Ricarda Huch Poetikdozentur für Gender in der literarischen Welt verliehen wurde, interviewt in Ozeanisch schreiben jene, die ihn dafür auszeichneten – das Buch dokumentiert drei deser Gespräche: mit Bettina Wahrig, Regina Toepfer und Carolin Bohn. In ihrer akademischen Studie Sie schreibt untersucht Ursula Geitner, die an der Universität Bonn Neuere deutsche und Allgemeine Literaturwissenschaft lehrt, die Frage: Was ist eine Autorin?
Fluid, non-binary, ozeanisch
Thomas Meinecke bezeichnet sein Schreiben, wie er in Ozeanisch schreiben betont, gern als »etwas, was wir mittlerweile beschreiben als fluid, non-binary, und was ich selbst gerne ozeanisch nenne. Etwas, das nicht männlich, aggressiv, invasiv ist, sondern vielmehr mit dem eher weiblich codierten Rezipieren als Tat zusammenhängt und dabei witzigerweise durchaus auch Männer mit einbezieht, die das auch können.«
2019 wurde Meinecke die »Ricarda Huch Poetikdozentur für Gender in der literarischen Welt« der Stadt Braunschweig, der Fakultät für Geistes- und Erziehungswissenschaften der TU Braunschweig, des Braunschweiger Zentrums für Gender Studies sowie des Instituts für Braunschweigische Regionalgeschichte der TU Braunschweig verliehen.
Der Ausgezeichnete wollte öffentlich mit jenen sprechen, die ihn ausgezeichnet haben. Dieses Buch dokumentiert drei dieser Ensembles: Thomas Meinecke sprach mit der Wissenschaftshistorikerin Bettina Wahrig, der Mediävistin Regina Toepfer sowie der Germanistin Carolin Bohn. Mit ihnen diskutiert er über Judith Butler, queere Vorstellungen religiöser Literatur und über das Ich, das »eine andere schreibt«. Juliette Wedl schrieb das Geleitwort, die in Ozeanisch schreiben enthaltene Laudatio verfasste Ulrike Bergermann.
Bei den Texten handelt es sich um Transkriptionen von öffentlichen Gesprächen, die 2019 statt fanden, »geplant spontanes Sprechen auf der Basis von Tonspuren in Schrift gegossen«. Der im Verbrecherverlag erschienene Band ist die dritte Publikation, die aus den Braunschweiger Poetikdozenturen hervor ging.
Moderne Autorenschaft (m/w)
Was ist eine Autorin? Das fragt Ursula Geitner in Sie schreibt. Moderne Autorschaft (m/w) (V&R unipress). Um 1900 etabliert sich mit dem Konzept namens Frauendichtung ein Aufschreibesystem, das die Frage weiblicher Autorschaft – und kontrastiv: männlicher Autorschaft – grundsätzlich aufwirft. Dieses an der Schwelle zur Moderne als überzeitliches Wissen behauptete Frauendichtungsparadigma ist von der Forschung bislang allenfalls kursorisch erfasst worden. Es steht im Zentrum der Untersuchung, die seine – und sei es als implizites Wissen – erstaunliche Persistenz bis in die Gegenwart nachweist.
Geitner untersucht die Literaturgeschichte in drei Phasen, einmal 1700/1800, einmal ab 1900 uhd dann ab dem Jahr 2000. Die Studie schließt mit einer Analyse gegenwärtiger Verhandlungen geschlechtlich codierter Autorschaft und Kanonizität, den Weg dorthin beschreitet die Wissenschaftlerin mit Überblendungen zu Roland Barthes, Rainer Maria Rilke, Günther Grass, Christiana Mariana von Ziegler und Julia Trompeter. Diskurs- und Mythenanalyse, Paratextualitätstheorie und Praxeologie sind die Werkzeuge der komplexen akademischen Studie. Ein entsprechend ausführliches Literaturregister führt die Leserin und den Leser entsprechend in neue Themenkomplexe.
• Ursula Geitner studierte Germanistik, Romanistik und Philosophie in Kiel, Hamburg und Bielefeld. Sie lehrt Neuere deutsche und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Bonn.
• Thomas Meinecke, geb. 1955 in Hamburg, ist Schriftsteller, Musiker und DJ. Noch während seines Studiums in München gründete er die Literaturzeitschrift „Mode und Verzweiflung“, aus der 1980 die Band F.S.K. (Freiwillige Selbstkontrolle) hervorging, die bis heute in fast gleicher Besetzung auftritt. Seit 1986 hat Meinecke zahlreiche Erzählungen, Hörspiele und Romane veröffentlicht, u. a. „Tomboy“ (1998) und „Lookalikes“ (2011). Meinecke erhielt zahlreiche Preise, so 1997 den Förderpreis zum Heimito von Doderer Literaturpreis, 1998 den Kranichsteiner Literaturpreis oder 2008 gemeinsam mit David Moufang den Karl-Sczuka-Preis für Hörspiel als Radiokunst für „Übersetzungen/Translations“. 2011/2012 hielt er die Frankfurter Poetikvorlesungen.
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Ursula Geitner: Moderne Autorschaft (m/w) | V&R unipress – ISBN: 978-3-406-78246-6
Thomas Meinecke et al.: Ozeanisch schreiben. | Verbrecherverlag – ISBN: 9783957325204
• Buchhandlung am Obstmarkt, Fon 0821. 518804,
E-Mail: post@buchhandlung-am-obstmarkt.de
• Ursula Geitner: Moderne Autorschaft (m/w)
Reihe Literatur- und Mediengeschichte der Moderne, Band 9
Buch | Hardcover, 587 Seiten, 15 Abbildungen
V&R unipress 2022
ISBN: 978-3-8471-1416-1
• Thomas Meinecke, Carolin Bohn, Regina Toepfer, Bettina Wahrig: Ozeanisch schreiben. Drei Ensembles zu einer Poetik des Nicht-Binären
Broschur, 160 Seiten
Verbrecher Verlag 2022
ISBN: 9783957325204
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