Sprachdebatten: Czernowitz 1908

Uni Augsburg veröffentlicht Sammelband zu Debatten um eine jüdische Nationalsprache. Projektkoordinatorin Dr. Carmen Reichert ist ab Mai 2022 die neue Leiterin des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben.

Der Moment, in dem die Teilnehmer – und die wenigen Teilnehmerinnen – der ersten internationalen Sprachkonferenz für Jiddisch (קאָנפֿערענץ פֿאָר דער יודישער שפּראַך) sich im Herbst 1908 in Czernowitz darauf verständigten, Jiddisch zu einer nationalen Sprache der Juden zu erklären, gilt als wichtiger Durchbruch für die Entwicklung des Jiddischen. Ihre Erklärung stellte zugleich ein Ereignis in den nationalsprachlichen Debatten dar, die in Österreich-Ungarn und Nachbarstaaten zu Beginn des 20. Jahrhunderts geführt wurden.

Der von Bettina Bannasch, Alfred Wildfeuer und Carmen Reichert nun herausgegebene Sammelband Zukunft der Sprache – Zukunft der Nation? eröffnet einen neuen, interdisziplinären Blick auf die Sprachkonferenz in der Bukowiner Hauptstadt.

Die Beiträge des vorliegenden Bandes fragen, welche Vorstellungen von nationalen Sprachen und Literaturen diese Auseinandersetzungen prägten. Wie gliedert sich die Czernowitzer Sprachkonferenz in die nationale Frage in Österreich-Ungarn ein? Welche Bedeutung hatte die Konferenz jenseits des Jiddischismus? Wie schlug sich die Sprachdebatte in den jüdischen Literaturen Mittel- und Osteuropas nieder?

Hervorgegangen ist diese soeben erschienene Publikation aus der internationalen Abschlusstagung zum Thema »Zukunft der Sprache – Zukunft der Nation? Debatten um jüdische Sprache und Literatur im Kontext von Mehrsprachigkeit und Nationbuilding«. Diese fand als Abschluss eines dreijährigen Forschungsprojekts an der Universität Augsburg statt. Beiträge von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Ukraine, Tschechien, Polen, Kanada, der Schweiz und Deutschland beschreiben ihre Perspektiven aus unterschiedlichen Disziplinen.

Das Forschungsprojekt zum Jiddischen als Nationalsprache und zur Czernowitzer Konferenz wurde durch die Beauftragte für Kultur und Medien (BKM) der Bundesregierung gefördert. Die Projektleitung lag bei Prof. Dr. Bettina Bannasch (Neuere deutsche Literaturwissenschaft, Universität Augsburg) und Prof. Dr. Alfred Wildfeuer (Variationslinguistik und DaZ/DaF, Universität Augsburg). Projektkoordinatorin war Dr. Carmen Reichert. Sie arbeitete drei Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin sowie ein Jahr finanziert über den Innovationsfond in diesem Projekt. Ab Mai 2022 nimmt sie ihre Arbeit als Leiterin des Jüdischen Museums Augsburg auf.

Kooperationspartner waren die Juniorprofessur für Ostmitteleuropäische Geschichte (Prof. Dr. Maren Röger, heute Leipzig), das Bukowina Institut Augsburg sowie die Jiddisch-Dozentur der Abteilung für Jüdische Geschichte und Kultur an der LMU München (Dr. Evita Wiecki). Projektpartner sind die germanistischen Institute der Universitäten Tscherniwzi (in Kooperation mit dem dort angesiedelten Zentrum GEDANKENDACH) und Plzeň (in Kooperation mit dem dortigen Zentrum für Interregional-Forschung). // pm | ms | auxlit


Zukunft der Sprache – Zukunft der Nation? Verhandlungen des Jiddischen und Jüdischen im Kontext der Czernowitzer Sprachkonferenz. Herausgegeben von: Carmen Reichert, Bettina Bannasch und Alfred Wildfeuer.
Band 97 der Reihe Conditio Judaica.
De Gruyter, März 2022.
ISBN: 9783110754780 | E-Book: 9783110755138

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