An der Universitรคt Augsburg soll der eingelagerte Fundus des Deutschen Zeitungsmuseums fรผr eine weitere Nutzung vorbereitet werden. Ein Projekt erschlieรt nun die einzigartige Sammlung zur Pressegeschichte. Mit einer entsprechende Forschungsstelle ยปHistorische Pressegeschichteยซ hรคtte die Uni Augsburg im deutschsprachigen Europa ein Alleinstellungsmerkmal.
Ein Projekt an der Universitรคt Augsburg soll einen Schatz heben, der nicht nur hierzulande seinesgleichen sucht: Der Pressehistoriker Dr. Martin Welke hat in den vergangenen 50 Jahren Tausende von Exponaten zur deutschen und europรคischen Zeitungsgeschichte gesammelt. Dank einer Kooperation der Universitรคt mit der vom Ehepaar Drs. Sabine und Martin Welke gegrรผndeten Stiftung Deutsches Zeitungsmuseum werden diese nun in den nรคchsten drei Jahren wissenschaftlich bearbeitet. Mittelfristig kรถnnte an der Universitรคt Augsburg damit ein Zentrum fรผr historische Presseforschung mit deutschlandweiter Strahlkraft entstehen.
Das Projekt wird vom Freistaat Bayern finanziell gefรถrdert und von der Stadt Augsburg unterstรผtzt. Die Sammlung deckt einen Zeitraum von rund 500 Jahren ab โ von den Anfรคngen erster periodischer Zeitungsdrucke bis in die Gegenwart. Ein Groรteil der Objekte wurde vor einigen Jahren in Augsburg eingelagert. Dank der Fรถrderung in Hรถhe von 350.000 Euro kann dieser Schatz nun seiner kulturhistorischen Bedeutung gebรผhrend beleuchtet und fรผr eine zukรผnftige Nutzung vorbereitet werden. ยปDas Sammlungsgut soll in den nรคchsten drei Jahren gezielt aufgearbeitet und in zukunftsfรคhige Kontexte fรผr Forschung, Lehre und museale Konzepte gestellt werdenยซ, erklรคrt Prof. Dr. Daniel Bellingradt.
Der Historiker und Buchwissenschaftler bekleidet eine Gastprofessur am Institut fรผr Europรคische Kulturgeschichte (IEK) der Universitรคt Augsburg. Sie wurde speziell fรผr das Projekt eingerichtet. ยปWir werden uns in den kommenden Monaten einen รberblick รผber die Sammlung und deren Zukunftspotenziale verschaffenยซ, sagt er. ยปBesonders herausragende Themen und Objekte werden wir dann tiefgehender untersuchen. Dazu planen wir, auch Drittmittel fรผr weiterfรผhrende Forschungsprojekte einzuwerben.ยซ Das Vorhaben ยปknรผpft damit an eine lange Reihe ergiebiger Forschungen zur Medien- und Wissensgeschichte an, die am Institut fรผr Europรคische Kulturgeschichte seit seiner Grรผndung betrieben wurden und werdenยซ, wie Prof. Dr. Lothar Schilling, der Geschรคftsfรผhrende Direktor des IEK, betont.
Digitalisierung und Erwรคgungen von Ausstellungen
Zusรคtzlich sollen wichtige Dokumente und Objekte digitalisiert und so der Forschung besser erschlossen werden. Zudem mรถchte Bellingradt ausloten, wie sich Teile der Sammlung der รffentlichkeit zugรคnglich machen lassen. ยปDenkbar sind beispielsweise Ausstellungen zu bestimmten thematischen Schwerpunkten, etwa zu den Dynamiken, Hintergrรผnden und Medieneffekten von Fake News: Inwieweit gab es das frรผher schon, wer hat sie wie in die Welt gesetzt, welche Folgen haben und hatten solche Medienmanipulationen.ยซ
Dabei plant Bellingrad auch, mit digitalen Ausstellungsformaten zu experimentieren. Die Sammlung biete gerade den Vorteil, eine Langzeitperspektive auf Phรคnomene zu ermรถglichen, mit denen wir uns auch heute konfrontiert sรคhen, meint Bellingradt. An der Universitรคt selbst will er ausgewรคhlte Exponate daher auch fรผr die Lehrerausbildung im Fach Geschichte nutzen. ยปAm konkreten Material lassen sich Themen wie Medienmacht oder Zensurmaรnahmen ebenso erfahren wie technische Faktoren, die bei der Herstellung von Zeitungen eine Rolle gespielt habenยซ, sagt er. ยปDie Stรผcke machen Kommunikationsgeschichte sinnlich erlebbar.ยซ
ยปDas neue Projekt zeigt, dass historische Forschung und Archivarbeit einen wichtigen Beitrag fรผr das Verstรคndnis heutiger gesellschaftlicher Entwicklungen habenยซ, meint die Prรคsidentin der Universitรคt Augsburg, Prof. Dr. Sabine Doering-Manteuffel. Der Fundus des Deutschen Zeitungsmuseums biete dafรผr vielfรคltige Ansatzpunkte.
Mediengeschichtliche Perlen und Unikate
Schon jetzt ist klar, dass unter den Objekten auch eine Reihe von Unikaten sind, die in der Forschung auf besonderes Interesse stoรen dรผrften. Dazu zรคhlen beispielsweise Abonnentenlisten der ersten gedruckten periodischen Zeitungen aus dem 17. Jahrhundert. ยปMeines Wissens gibt es das sonst nirgendwoยซ, betont Bellingradt. In der Sammlung, die als eine der grรถรten ihrer Art in Europa gilt, dรผrften noch weitere solcher fรผr die Mediengeschichte relevanten Perlen schlummern. Der Wissenschaftler betont dabei das Potenzial dieses Projekts, das er als ersten Schritt auf dem Weg zu einer institutionalisierten universitรคren Forschungsstelle ยปHistorische Presseforschungยซ sieht. ยปDie Universitรคt Augsburg hรคtte damit im deutschsprachigen Europa, also in Deutschland, รsterreich und der Schweiz, ein Alleinstellungsmerkmalยซ, sagt er.
Dass sowohl die wissenschaftliche Erforschung als auch die Planungen zur Nutzung und Prรคsentation des eingelagerten Museumsguts in Augsburg erfolgen, passt zur Bedeutung, die die Stadt รผber Jahrhunderte innerhalb des europรคischen und nationalen Nachrichtenwesens gehabt hat. Bereits im frรผhen 16. Jahrhundert war Augsburg dank der ausgedehnten Handelsnetzwerke der Fugger eines der wichtigsten Nachrichtenzentren Europas, in denen zunรคchst handschriftliche Zeitungen und spรคter gedruckte Nachrichten zirkulierten. Nicht nur Bellingradt wรผrde es begrรผรen, wenn diese Tradition durch ein wissenschaftliches Kapitel eine Fortsetzung fรคnde.
โข DANIEL BELLINGRADT ist Historiker und Buch- sowie Kommunikationswissenschaftler. Nach professoralen Stationen in Erlangen (Juniorprofessur fรผr Buchwissenschaft), Mainz (Vertretungsprofessur fรผr Buchwissenschaft) und Mรผnchen (Vertretungsprofessur fรผr die Geschichte der Frรผhen Neuzeit) ist er aktuell Gastprofessor am Institut fรผr Europรคische Kulturgeschichte der Universitรคt Augsburg. Der Mitherausgeber des Jahrbuchs fรผr Kommunikationsgeschichte forscht und lehrt zu Aspekten einer Medien- und Kommunikationsgeschichte der Neuzeit, und experimentiert gerne innerhalb der Mรถglichkeiten einer digitalen Geschichtskultur.
>> Web-Prรคsenz, Infos & Kontakt auf der Seite der Universitรคt Augsburg
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