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»Damit wir uns selber besser verstehen können.«

auxlese #01 | Matthias Ferber, Kunstförderpreis-Juror in der Sparte Literatur, Autor und Herausgeber zu Gast beim literarischen Questionnaire. Am Donnerstag, 4. August, ist Ferber Diskutant beim Literarischen Sommersalon.

Matthias Ferber (55) ist Juror beim Kunstförderpreis der Stadt Augsburg in der Sparte Literatur, außerdem ist er tätig als Herausgeber und Autor (u.a. context Verlag, Lit Verlag, Kunstverlag Josef Fink), insbesondere zu den Alten Sprachen und zur Geschichte Augsburgs. Der in Augsburg wohnende Gymnasiallehrer für Griechisch, Latein, Deutsch und Theater führt regelmäßig Literaturprojekte mit Schülerinnen und Schülern durch. Am Donnerstag, 4. August (19:30 Uhr), ist Matthias Ferber Gast beim Literarischen Sommersalon im Brunnenhof, wo er über Die Diplomatin von Lucy Fricke sprechen wird.

In Folge 1 der neuen Serie auxlese beantwortet Matthias Ferber die Fragen des literarischen auxlitera-Questionnaires.


AUXLESE:
das literarische Questionnaire
#01: mit Matthias Ferber

Welche Autorin oder welchen Autor würden Sie gerne einmal persönlich kennenlernen? Und wenn Sie ihn/sie zu sich zum Dinner einladen, was würden Sie ihm/ihr kochen?
Der Mann heißt Georg Mader (1874-1921), geboren in Zusamzell, Postsekretär in Augsburg, der in aller Einfachheit faszinierende schwäbische Mundartgedichte geschrieben hat. Zum Essen gibt’s Apfelspätzla mit Zucker und Zimt.

Was ist das kostbarste oder teuerste Buch, das Sie besitzen?
Das Nibelungenlied in Leder gebunden von 1923, nichts Exorbitantes, aber sehr schön.

Welches Buch lesen Sie zur Zeit?
Der längste Tag im Leben des Pedro Fernández García von Moritz Rinke.

Welches Buch ist vollkommen zerfleddert, kaputt und längst in neuer Auflage erhältlich und Sie werfen es trotzdem nicht weg?
Eine Schulausgabe der Apologie des Sokrates, deren persönliche Eintragungen unersetzlich sind.

Haben Sie einen Lieblingsverlag oder gibt es einen Verlag, von dem Sie denken, dass er ein bemerkenswertes Portfolio hat?
Mir gefällt die Art des Büchergestaltens bei der Büchergilde Gutenberg ausgesprochen gut.

Welche Literaturveranstaltung, der Sie beiwohnten, war bisher die denkwürdigste, seltsamste oder eindrücklichste?
Da irrlichtert eine bizarre Autorenbegegnung zwischen Schülern und dem Österreicher Franzobel in meiner Erinnerung.

Bei welchem Buch ist es Ihnen etwas peinlich, es gelesen und für gut befunden zu haben?
Das ist mir tatsächlich nicht widerfahren, eher umgekehrt. Kafka ist mir im Studium noch sehr schwer gefallen, während er mir mittlerweile schwer gefällt.

Welche/n Augsburger Nicht-Literaten/in würden Sie gerne einmal als Gesprächsteilnehmer beim Literarischen Quartett oder als Jury-Mitglied des Bachmann-Preises sehen?
Den Gedanken empfinde ich als unzugänglich. Mir würde eine Literatursendung mit Hausmeistern oder Taxifahrern gefallen.

Mit welcher Autorin, welchem Autor möchten Sie auf keinen Fall im Aufzug stecken bleiben?
Ich würde gerne mit Georg Büchner im Aufzug stecken bleiben!

Matthias Ferber


Wohnort: Augsburg-Innenstadt
Alter: 55 Jahre
Geboren in: Augsburg

Beruf: Gymnasiallehrer für Griechisch, Latein, Deutsch und Theater

Thema der Abschlussarbeit im Studium:
»Gastlichkeit in Homers Odyssee: Strukturelement und Zivilisiertheitsmerkmal
«
Thema der schulischen Facharbeit:
»Auswertung einer deutschen Literaturgeschichte aus den 1770er Jahren«

Juror beim Kunstförderpreis der Stadt Augsburg in der Sparte Literatur • Autor • Herausgeber

Welches Buch besitzen Sie mehrmals?
Büchners Woyzeck, Kafkas Verwandlung, Goethes Faust, Homer, Platon, Sophokles, Cicero …

Von welchem Autor haben Sie die meisten Bücher im Regal?
Platon, Cicero, Goethe, Fontane, Friedrich Christian Delius …

Gibt es Werke, die Sie in Fremdsprache gelesen haben?
Die antiken Klassiker, deren Sprachen mir gut vertraut sind.

Wo, wann, wie oft und wie lesen Sie? Haben Sie eine bestimmte Eigenart beim Lesen?
Gelesen wird täglich, bevorzugt im Liegen. Im Sitzen gehören Bücher und Schwarzer Tee zusammen.

Welches Buch sollte jeder gelesen haben?
Goethes Faust sollte jede und jeder kennen, lesen sollte man ihn freilich unter Anleitung und gedanklichem Austausch mit anderen Lesern.

Mein Lieblingsgedicht:
Reisen von Gottfried Benn und Die Kraniche des Ibykus von Friedrich Schiller

Welche literarische Figur würden Sie gerne heiraten?
Ganz unumwunden keine.

Bei welchem Krimi-Autor (oder welchem Ermittler in der Krimi-Literatur) wären Sie gerne das fiktive Mordopfer?
Krimis interessieren mich so gut wie gar nicht, ich fühle mich nicht auskunftsfähig.


Mein Verständnis
von Literatur:

Das Leben ist ein Geflecht, von verworren bis verfilzt. Literatur macht den einen oder anderen Faden sichtbar, damit wir uns selber besser verstehen können.

– Matthias Ferber –

Welche literarische Verfilmung / Vertonung / Bühneninszenierung / literarisch-musikalische Begegnung halten Sie für gelungen und hat Sie begeistert?
Die Buddenbrooks-Verfilmung von Heinrich Breloer und die Verfilmung des Englischen Patienten (Michael Ondaatje) von Anthony Minghella.

Mit Ihrer Begeisterung für welche Autorin, welchen Autor fühlen Sie sich alleine?
Ich schätze den griechischen Historiker Herodot ausgesprochen, der bis heute zu Unrecht als fabulierender Märchenerzähler abgestempelt ist.

Welchen Autor werden Sie wohl nie verstehen?
Mir ist bewusst, dass man jedes gute Buch immer nur ansatzweise erfassen kann.

Welches Buch haben Sie immer wieder abgebrochen, es sich aber fest vorgenommen, es endlich ganz zu lesen?
Wenn ich an Büchern scheitere – oder Bücher an mir –, dann war das bisher immer endgültig.

Welchen Klassiker lieben Sie?
Es sind viele: Goethe, Schiller, Fontane, Keller, Büchner, Kafka …

Gibt es ein Gedicht, ein literarisches Zitat oder eine literarische Szene, welche(s) Sie auswendig können und Ihnen im Alltag immer wieder mal durch den Kopf geht?
Reisen von Gottfried Benn mit der grandiosen Strophe: »Bahnhofstraßen und Ruen, / Boulevards, Lidos, Laan – / selbst auf den Fifth Avenuen / fällt Sie die Leere an.«

DER SCHNELL-CHECK mit Matthias Ferber:

Marcel Reich-Ranicki, Thea Dorn oder Denis Scheck?Trotz allem: Marcel Reich-Ranicki.
Goethe, Schiller oder Hölderlin?Alle drei und noch mehr.
Comic oder Graphic Novel? Comic.
Buch, E-Reader oder Hörbuch? Selbst nach vielen Experimenten: Buch!

Bei welcher Malerin oder Musikerin, welchem Maler oder Musiker hätten Sie es spannend gefunden, wenn er/sie Schriftsteller(in) geworden wäre?
Die Frage ist mir zu fiktiv. Spannender finde ich beispielsweise Gerhart Hauptmann, der als Bildhauer grandios scheiterte, bevor er die Literatur als seine Ausdrucksform entdeckte.

Welchen Autor, welche Autorin aus Augsburg und Region schätzen Sie?
Das ist fraglos Bert Brecht.

Welche/r Augsburger/in, der/die kein Schriftsteller ist, sollte einmal ein Buch oder einen Gedichtband schreiben? Wie sollte der Titel des Werks sein?
Der Bademeister vom Plärrerbad sollte Gedichte schreiben unter dem Titel Vom Beckenrand aus.

Was würden Sie Bert Brecht fragen, wenn er heute an Ihrer Haustüre klingelt?
»Hättest du Lust, gleich einmal ein paar Gedichte einzulesen? Wir brauchen mehr O-Ton von dir!«

Was vermissen Sie in Augsburg als Literatur- und Buchfreund?
Der Literaturbetrieb hat durchaus etwas zu bieten. Wünschen würde ich mir mehr Regionalliteratur, dazu als Kulturfreund ein Römisches Museum, ein Schwäbisches Architekturmuseum, ein Museum zur Augsburger Buchdruckerkunst, ein Deutsches Zeitungsmuseum, mehr aufbereitete Stadtgeschichte im Stadtraum – gerade auch für Gäste, einen sanierten Perlachturm, kulturelle Fördertöpfe und Mäzenatentum …

Fragen: Martin Schmidt | auxlitera

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