Der Film “Walter Jens – Mein Leben” erzählt in berührenden Bildern die Lebensgeschichte dieses letzten großen Intellektuellen: Seine Geschichte ist die Geschichte der Bundesrepublik: Nach dem Krieg war der zeitlebens unter schwerem Asthma leidende Jens zunächst als Dichter erfolgreich. Er schrieb international erfolgreiche Romane wie “Nein. Die Welt der Angeklagten” und gehörte der Gruppe 47 an. Walter Jens wollte sich einmischen: Direkt und persönlich, nicht auf dem Umweg über die Kunst. Deshalb ergriff er den Beruf eines “Kritikers”. In den folgenden Jahrzehnten “kritisierte” Walter Jens von seinem Tübinger Professoren-Lehrstuhl aus mit scharfer Zunge so ziemlich alles: Zunächst die Literatur, später das Fernsehen (gerne auch im Fernsehen) und schließlich alles, was in der deutschen Republik schief lief. Dass ausgerechnet er, der 2000 Jahre Geschichte in seinem Kopf hatte umfassen können, der Alters-Demenz verfiel, war tragisch. Sollte aber auch nicht verborgen bleiben, befand seine Familie – und machte selbst daraus noch ein humanistisches Politikum.
Der Film “Walter Jens – Mein Leben” ist ein intimes Doppelporträt des Gelehrten und seines Staates.
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