Gernot Rรถmer ist tot

Der Autor, Journalist und ehemalige Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen ist im Alter von 93 Jahren verstorben.

Wie diesen Monat bekannt wurde, ist am 12. Juni 2022 Gernot Rรถmer verstorben. Als Autor war Rรถmer, geboren in Wuppertal, ein Pionier der Erforschung von Lebensgeschichten schwรคbischer Jรผdinnen und Juden. Der Journalist und ehemalige Chefredakteur (20 Jahre, von 1974 โ€“ 1994) der Augsburger Allgemeinen war Mitbegrรผnder des Jรผdischen Kulturmuseum Augsburg-Schwaben (JMAS) und Ehrenvorsitzender der Stiftung JMAS. In zahlreichen Bรผchern und Verรถffentlichungen dokumentierte er die Lebensgeschichten schwรคbischer Jรผdinnen und Juden.

Schon in den frรผhen 1970ern, als sich kaum jemand fรผr die Shoah, die รœberlebenden und ihre Geschichten interessierte, begann Rรถmer, die Berichte von Zeitzeug*innen zu sammeln und zu verรถffentlichten. Die Mehrheit der Gesellschaft war damals noch nicht bereit, sich mit dem Vermรคchtnis der Zeitzeug*innen auseinanderzusetzen. Rรถmer musste zeitweise sogar unter Polizeischutz arbeiten. Und er arbeitete viel: Vor seinem aufwรคndigen Job als Chefredakteur legte er oft noch eine ยปFrรผhschichtยซ im Staatsarchiv ein, das sich damals in Neuburg befand.

Er setzte sich fรผr das Gedenken an die Ermordeten ein und suchte das Gesprรคch mit den รœberlebenden. Bis zuletzt pflegte er den Kontakt zu Nachfahren schwรคbischer jรผdischer Familien in den USA und in Israel. Die Existenz des Gedenkraums im Augsburger Rathaus ist wesentlich sein Verdienst, und auch die Schaffung des Jรผdischen Museums in Augsburg, eines der ersten jรผdischen Museen der Bundesrepublik, trieb er voran. Er war seit der Grรผndung 1983 Mitglied im Stiftungsrat der Stiftung Jรผdisches Kulturmuseum Augsburg-Schwaben, viele Jahre als dessen Vorsitzender, seit 2017 als Ehrenvorsitzender. 2019 vermachte er dem Museum seine umfangreiche Sammlung aus Dokumenten und Fotos. Die Geschichten und Erinnerungen der Jรผdinnen und Juden aus Augsburg und Schwaben, die er gesammelt und so erhalten hat, bilden eine unschรคtzbare Quelle fรผr die Museumsarbeit. ยปDass das jรผdische Museum so werden konnte, wie es heute ist, haben wir vor allem auch der Arbeit Gernot Rรถmers zu verdankenยซ, sagte Hans-Eberhard Schurk, Vorstand der Stiftung Jรผdisches Kulturmuseum Augsburg-Schwaben.
[jmas | msc | auxlit]

Verรถffentlichungen (Auswahl) Gernot Rรถmers (รผberwiegend im Wissner-Verlag):

โ€ข Es gibt immer zwei Mรถglichkeiten โ€“ Mitkรคmpfer, Mitlรคufer und Gegner Hitlers am Beispiel Schwabens (2000), โ€ข In der Fremde leben meine Kinder . . . Lebensschicksale kindlicher jรผdischer Auswanderer aus Schwaben unter der Naziherrschaft (1996)
โ€ข Jรผdisch versippt. Schicksale von ยปMischlingenยซ und nichtarischen Christen in Schwaben (1996),
โ€ข Fรผr die Vergessenen. KZ-AuรŸenlager in Schwaben – Schwaben in Konzentrationslagern (1996)
โ€ข Ein Schwabe รผberlebt Auschwitz. Arnold Erlanger aus Ichenhausen. Lebensberichte von Juden aus Schwaben, Bd. 5 (2002)
โ€ข Mutti war Jรผdin: Eine Kindheit im Dritten Reich (Lebenserinnerungen von Juden aus Schwaben)
โ€ข An meine Gemeinde in der Zerstreuung: Die Rundbriefe des Augsburger Rabbiners Ernst Jacob 1941โ€“1949 (Materialien zur Geschichte des Bayerischen Schwaben, 2000)

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